Gasshuku 2022 in Oberschützen
verfasst am 06.08.2022 von Heinrich Fuhrmann
Vom 14. bis 17. Juli 2022 fand nach einer langen Corona-Pause das allseits ersehnte Natsu-no Gasshuku, der Sommerlehrgang im Burgenland statt. Austragungsort war diesmal nicht wie gewohnt Oberwart, sondern das nicht weit entfernte Oberschützen.
Die Trainingsleitung übernahmen wieder drei hochrangige japanische Gasttrainer.
Akio Nagai shihan (9. Dan, Bundestrainer SKI Deutschland) und Manabu Murakami shihan (8. Dan, Chefinstruktor SKIF Japan) sind bereits bekannt. Erstmals in Österreich begrüßen durften wir heuer den Chefinstruktor und Gründer des Shōtōkan Karatedō International Italy (SKI-I) Masaru Miura shihan (9. Dan). Mit ihm konnten wir weitere Gäste aus seinem mailänder Stamm-Dōjō (Anm. Trainingsort) in Österreich willkommen heißen.
Die Freude, dass das beliebte Sommerlager wieder stattfinden konnte, war durchgängig spürbar. Gleich beim ersten Training wurden wir aber auch daran erinnert, was es heißt, im Sommer mit mehr als 100 Karateka gleichzeitig in einer Halle zu trainieren, in der für die vorderste der 10 Reihen gerade noch drei Schritte Platz war – am ersten Tag hatten wir auch nur eine Halle verfügbar, ab Tag 2 wurden wir in 3 Gruppen auf 3 Hallen aufgeteilt. Abwechselnd hatte jede der Gruppen mindestens einmal Nagai shihan, Murakami shihan oder Miura shihan als Trainer.
Dem Verfasser dieses Artikels wurde die ehrenvolle Aufgabe zuteil, Miura shihan persönlich durch die Trainingseinheiten zu begleiten und von Japanisch auf Deutsch zu dolmetschen. Der Trainer zeigte sich seinerseits dankbar mit einer persönlichen Einladung auf das kommende Karate-Seminar in Mailand.
„Ich war immer klein, deswegen hatte ich nicht besonders viel Kraft. Darum habe ich versucht herauszufinden, wie Karate ganz ohne Kraftaufwand wirksam werden kann“, so Miura shihan. Seine besondere Intuition für die Kampfkunst machen seinen Lehrstil und seine Trainingsinhalte ganz anders als viele von uns Karateka des SKIAF es gewohnt sind. Er ließ uns nicht schwitzen, sondern legte viel mehr Wert auf simple Partnerübungen, durch die wir sein Verständnis von Karate ohne Krafteinsatz kennenlernen sollten. Es ist dem Kampfkünstler ein offensichtliches Anliegen, diesen durchaus nicht eingängigen Aspekt des Karate weiterzugeben.
Ebenso wie an seiner technischen Expertise ließ uns der von einer alten Samurai-Familie abstammende Japaner an seiner Auffassung von „Rei“ teilhaben: Dankbarkeit gegenüber den Eltern, dem Lehrer und der eigenen Gesundheit; korrektes Verhalten im Training seitens der Schüler und der Instruktoren; Aufmerksamkeit gegenüber seinen Mitmenschen im Dōjō und außerhalb.
Den Ausgleich dazu boten die gewohnt anstrengenden Trainigseinheiten von Nagai shihan, der einmal sinngemäß sagte, dass erst wenn man müde ist, der Körper lernt. Dem entsprechend kamen auch die schweißtreibenden Übungen nicht zu kurz.
Abgerundet wurde das Trainingsprogramm von Murakami shihan, der auf seine Art beides vereinte. Jede Übung konnte bei vielen Wiederholungen genau trainiert werden, wodurch die körperliche Anstrengung nicht zu kurz kam. Zur Abwechslung spickte er seine Einheiten mit detailreichen Erklärungen über die Ursprünge diverser Kata (Anm. Form) und philosophischen Überlegungen dazu.
Die Trainingstage waren geschmückt vom gemütlichen Beisammensitzen in den örtlichen Gasthäusern oder im Freibad Bad Tatzmannsdorf sowie dem alljährlichen Highlight: der Karate-Disco in Grodnau. Den Absolventen der Dan-Prüfungen (Anm. schwarzer Gürtel) wurde dort mit mitreißender Rockuntermalung ordentlich gratuliert. Das Zuschauen bei den Schwarzgurtprüfungen war diesmal aber untersagt.
Das Sommerlager war lehr- und erlebnisreich. Die großartigen Erfolge unserer Starter bei der zwei Wochen später ausgetragenen Europameisterschaft in den Niederlanden – zweimal Silber und einmal Bronze! – gaben uns gemeinsam mit dem Sommerlehrgang einen weiteren großen Motivationsschub für die kommende Trainingssaison und die weiteren Jahre.
Oss!