Fumitoshi Kanazawa sensei zu Besuch in Österreich 2019
verfasst am 21.12.2019 von Svenja Rainer und Vera Paar
Ein Interview mit Vera Paar und Fragen von Svenja Rainer.
Wir haben in Österreich das Glück Kanazawa sensei jährlich begrüßen zu dürfen. Gab es dieses Jahr in seinem Training etwas besonders Erwähnenswertes?
Hier muss ich kurz nachdenken was NICHT besonders war… Die Möglichkeit, dass Fumitoshi Kanazawa sensei 2019 sogar zweimal Österreich besuchte um zahlreiche Lehrgänge auf höchstem Niveau abzuhalten, freute mich überaus. Das Besondere an seinem Besuch ist ganz klar das Training – für mich ist es nicht nur anstrengend und lehrreich, sondern auch der “Spirit” in der Halle ist unbeschreiblich mitreißend, der durch den Einsatz von Kanazawa sensei und allen Mittrainierenden entsteht. Die Freude und den Einsatz, welche man hier spürt, wäre ohne ein perfekt abgestimmtes Training nicht möglich. Sowohl die Unterstufe, als auch die Oberstufenkarateka wurden in ihrer Trainingsleistung gefordert und gefördert, ohne Überforderung der weniger Erfahrenen. Faszinierend war für mich (wieder), dass Fumitoshi Kanazawa sensei mit “einfacher Grundschule” ein äußerst abwechslungsreiches und anspruchsvolles Training erschaffte – komplizierte Techniken und Abfolgen waren nicht notwendig, um unseren Geist zum Staunen und unsere Körper zum Schwitzen zu bringen.
Wie viele Trainings hat Fumitoshi Kanazawa sensei bei seinem diesjährigen Besuch geleitet? Und bei wie vielen warst Du?
Fumitoshi Kanazawa sensei hat beim diesjährigen Besuch in Aarau (CH) 4 Trainings (zweimal am Samstag – eine Trainingseinheit am Vormittag, zwei Trainingseinheiten am Nachmittag) und in Österreich sieben Trainings (beinhaltet Abend- und Tageslehrgänge) geleitet. Ich hatte das Glück, dass es zeitlich für mich möglich war unsere Karate-Freunde in der Schweiz besuchen zu dürfen und bei allen Trainings dabei sein zu können. In Österreich musste ich leider den Tageslehrgang in Innsbruck auslassen, war jedoch froh, bei allen anderen Lehrgängen von Fumitoshi Kanazawa sensei mitzutrainieren.
Weißt Du, wie oft Fumitoshi Kanazawa sensei insgesamt schon in Österreich war? Und findest du hat sich etwas seit seinem ersten Besuch etwas geändert?
Fumitoshi Kanazawa sensei besucht Österreich nun bereits seit 2014 – das erste Mal war zum 1. Todestag von Norio Kawasoe shihan [Anm.: ehem. Bundestrainer von Österreich]. Es war uns eine Ehre und besondere Freude, gemeinsam mit ihm im Training Kawasoe shihan zu gedenken. Bereits bei seinem ersten Besuch wussten wir, dass wir sehr viel von Kanazawa sensei lernen können und es wurde uns auch immer mehr bewusst, warum Kawasoe shihan viel von Fumitoshi Kanazawa sensei gehalten hatte. Angefangen von seiner technischen Ausführung, welche uns immer wieder verschlossene Augen öffnet, durften wir im Laufe der letzten Jahre seine äußerst freundliche Persönlichkeit immer besser kennenlernen. Auch im Training hat sich in den letzten Jahren einiges geändert: von den anfänglichen Unsicherheiten beim Trainingsablauf (Welcher Trainingsaspekt soll im Fokus stehen, wie viele Pausen sollen eingebaut werden?), über vermeintlich Kommunikationsschwierigkeiten im Training, ist nun nichts mehr zu sehen. Heute ist für uns und ihn völlig klar: wir wollen die Schiene von Kawasoe shihan weiterfahren – der äußerst wichtige Grundstein ist Kihon [Anm: Grundtechniken] und dieser macht vereint mit Kumite [Anm: Partnerübung] und Kata [Anm: Form] das Training aus. Trinkpausen: Fehlanzeige! getrunken wird vor und nach dem Training; im Training zählt lediglich das mentale und körperliche Vorankommen. Sprachbarrieren? Kein Problem: mit ein paar englischen Begriffen und viel Vorzeigen werden alle Unklarheiten gänzlich beseitigt. Wenn unser technisches Ergebnis dann anders aussieht, als von ihm gewollt, liegt es sicherlich nicht an Missverständnissen, sondern eher an der für die Trainierenden schwierigen Umsetzung.
Der Gasttrainer Koga shihan legt bei uns viel Wert auf Beinarbeit, Nagai shihan konzentriert sich meist auf Kondition. Hat Fumitoshi Kanazawa sensei auch eine Spezialtechnik oder eine spezielle Trainingsmethode?
Kurz gesagt: “keep axis”. Wichtig ist ihm immer, dass “the whole body” eine Einheit bildet. Und wie trainiert man dies am besten? Mit Kihon. Wobei jedes Training mit den wichtigsten Techniken beginnt: zuki [Anm.: Fauststoß], mae geri [Anm.: Fußkick] und sämtlichen Blocktechniken. Vorzeigen stellt hier seine wichtigste und meiner Meinung nach beste Methode dar.
Welcher Teil oder Aspekt seines Trainings gefällt Dir am besten?
Dies ist schwierig zu beantworten. Für mich ist sein Training eine Gesamtheit vieler Einheiten, die schwierig zu separieren und in Worten zu definieren sind. Ich habe das Gefühl, dass er Freude daran hat, Training zu geben, wobei wir mit unserem Geist und Einsatz versuchen ihm diese Freude zurückzugeben. Dies merkt man auch daran, dass vor allem anspruchsvolles Training bei ihm Spaß machen kann. Es entstehen immer wieder kurze witzige Situationen, die eine lockere Atmosphäre schaffen. Er versteht es auch besonders, die Kinder zu motivierten und setzt den Fokus immer wieder auf die Unterstufen-Karateka. Dies ist meiner Meinung nach auch äußerst wichtig, da in den ersten Karate-Jahren schon der Grundstein für das technische und geistige Vorankommen eines jeden Karate-Daseins gelegt wird.
Wenn Du ihn mit unserem verstorbenen Bundestrainer Norio Kawasoe shihan vergleichen müsstest – auch wenn das sehr schwer ist –, welche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede kannst Du nennen?
Vergleichen? Keine Chance. Ein jeder, der Kawasoe shihan kannte weiß, dass mit ihm keiner vergleichbar ist. Er bleibt im Geiste immer anwesend und hat uns das ermöglicht, was wir heute vertreten bzw. ausführen. Ich bin überaus stolz seine Schülerin gewesen sein zu dürfen und auch weiterhin seine Schülerin sein darf – wenn auch “nur” im Geiste. Ich möchte in seinem Sinne weiter trainieren und auch seine Überzeugungen weitertragen. Ob mir das gelingt, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, da dies keiner zu 100% weiß; allerdings gebe ich mein Bestes und ich denke, dass dies zählt. Meiner Meinung nach ist der regelmäßige Besuch von Fumitoshi Kanazawa sensei in seinem Sinne und daher bin ich überzeugt davon, dass wir noch auf viele weitere Trainingsjahre/-jahrzehnte mit ihm hoffen dürfen. Als kleine, aber wichtige Gemeinsamkeit würde ich aber trotzdem sein Gemüt nennen. Vereint mit seiner geradlinigen Einstellung und klaren Karate-Linie steht der herzliche und freundliche Charakter.
Wenn Du Dir von Fumitoshi Kanazawa sensei etwas fürs nächste Training wünschen dürftest, was wäre das?
Ich habe den letzten Besuch von Kanazawa sensei im Dezember 2019 als äußerst positiv, lehrreich und vielseitig – kurz gesagt: genial – in Erinnerung. Von seinem, hoffentlich baldigen, nächsten Besuch wünsche ich mir nur, dass seine Geduld und Motivation uns zu trainieren und daran Freude zu haben, nicht verblasst. Was ich mir allerdings für 2020 wünschen würde, jedoch nicht von ihm, sondern von allen Karateka des SKIAF: habt Freude am Training, bringt euren ganzen Einsatz mit und zeigt, was Kawasoe shihan uns gelehrt hat: Technik, Spirit, Einstellung, Höflichkeit und Respekt, aber auch das Schätzen der unbeschreiblich wertvollen Möglichkeit einen Gasttrainer wie Fumitoshi Kanazawa sensei bei uns begrüßen zu dürfen! Vor allem für dunklere Gürtel sollte es keine wortwörtliche Pflicht, sondern ein Privileg sein, bei japanischen Sensei trainieren und lernen zu können. Ich sehe es als meine Pflicht, dies überaus zu schätzen – jeder ist bzw. sollte sich selbst gegenüber der strengste Lehrer sein.
Freust Du Dich schon auf das nächste Training mit Fumitoshi Kanazawa sensei?
Definitiv – JA!! Ich bin jetzt bereits motiviert, mit Einsatz und Freude ins nächste Jahr 2020, mit vielen tollen Trainingseinheiten mit Gasttrainern, zu starten! Zudem freue ich mich, mit den SKIAF Karate-Freunden, aber auch allen Freunden aus der Schweiz, Deutschland und allen anderen SKIF Karateka aus weiter entfernten Nationen den Karate-Weg weiter zu gehen. Danke für Euren Einsatz und Eure Freundschaft! Wir möchten Fumitoshi Kanazawa sensei und allen Gasttrainern Österreichs – allen voran Akio Nagai shihan und Rikuta Koga shihan – für Ihre Unterstützung im vergangenen Jahr 2019 danken und freuen uns darauf auch das nächste tolle Trainingsjahr gemeinsam verbringen zu dürfen.
OSS.